Ist der Ruf erst runiert...
Zugegeben, viel wusste ich nicht über Israel, außer, dass es dort mehrfach Meer gibt und das erfreute mich sehr.
Davon haben wir zu Hause ja recht wenig.
Abgesehen vom Badespaß, der mich dort erwarten würde, schwirrte mir der Name Saddam
Hussein auch noch irgendwo tief vergraben im Hinterstübchen umher. Irgendwas war da noch?!
Ich bin 1980 geboren und erinnere mich noch gut an die Nachrichten über den Irak – Israel Krieg, die in den 80er und 90er Jahren über den Bildschirm liefen.
Erst viel später sollte ich erfahren, dass mein zukünftiger Ehemann, meine Schwiegereltern in Spe und seine zwei jüngeren Brüder - zur gleichen Zeit, als ich Betthupferl naschte - im Punker saßen und Mau Mau spielten. All dies lag nicht mehr als 3,5 Flugstunden entfernt von mir.
Aber ansonsten war mir der Nahe Osten fremd, meinem Umfeld auch.
Da können die Grenzen schon mal verschwimmen.
1) Wo ist das noch mal?
2) Wer führt gegen wem Krieg?
3) Wer sind die Guten und wo genau sind die Bösen noch zu Hause?
4) Ist doch auch irgendwo da unten, nicht wahr? Und unten ist ja immer schlecht, wie wir wissen.
Das erzählt die Bibel schon.
Ja, das Nahost-Image ist seit dem jüngsten Tage schwer angekratzt.
Da Gal aber nun mal von dort stammt und ich verliebter nicht hätte sein können, rückte Israel unter den Filter meiner rosaroten Brille.
Der Nahe Osten benötigte meines Erachtens dringend ein Facelift.
Die Zeit war gekommen das Ganze geografisch, na ja, sagen wir mal
ein wenig auf zu peppen ........
Und deshalb erwähne ich ab hier und heute, natürlich so beiläufig, wie ich irgendwie kann,
dass ich – als (ein)gebildete Nahost-Expertin nach Israel HINÜBER anstatt HINUNTER fliege.
Ein sehr kleiner, aber feiner Unterschied wie ich finde.
Versuch’s auch du mal, du wirst verblüfft sein!
In der Praxis sieht das in etwa so aus:
Erst, fliegt man nach Griechenland hinüber - das sieht noch jeder ein - bevor es anschließend noch einen Rutscher weiter geht. Bamm! Willkommen in Tel Aviv!
Also wenn das nicht überzeugt, dann weiß ich’s auch nicht mehr!
Für die kritischen Denker unter euch sei gesagt, dass die beiden Länder Israel und Österreich durchaus noch weitere Gemeinsamkeiten aufweisen:
1) beide Staaten liegen nördlich vom Äquator
2) die Landessprache ist hier und da brutal
3) and last but not least: unser hochgeschätztes kulturelles Erbe -
die Klagemauer, die Jesus Grabstätte und die Sissi Triologie, um nur einige Beispiele hier an
zuführen.
Meiner Meinung nach könnten wir glatt eine Einheit bilden, würde uns das Mittelmeer nicht auf so bestialische Weise trennen.
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Meine erste Reise nach Israel
„Wie bitte?! Da trauen Sie sich aber was?!“, sagte die Schaffnerin empört, als sie mein Zugticket zum Münchner Flughafen kontrollierte.
„Warum in aller Welt fliegen Sie denn dort hinunter??„(Na bitte da Hamm Mas wieder!!!)
Rasch greife ich nach meiner Fahrkarte und lasse das rüstige Weibsbild ohne eine Antwort von mir weiterziehen.
Das nächste Mal werde ich still lächeln, wenn mich jemand fragt, wo die Reise hingehen soll.
Kann ja nicht so schwer sein, lächeln und Klappe halten. Machen andere ja auch!
Für tiefgründige Grübeleien und Bedenken nehme ich mir jetzt keine Zeit. Schließlich habe ich eine Mission im Eiltempo zu erfüllen.
Mein Fokus muss sich wieder dort hinrichten, wo er hingehört.
Zu Mister G. und unsere 8. Kennenlernwoche.
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Das Haus am Ende der Straße.
Grüne Pflanzen, Bäume und Büsche hauchen dem weitläufigen Garten pulsierendes Leben ein.
Hängematten tanzten im Wind auf der überdachten Veranda.
Die kreativ bunt zusammengewürfelte Küche strotzt vor Charme, während sein maskulines Fahrrad lässig an der Holzwendeltreppe lehnt.
Die hohen Decken im Herzen des Hauses tun ihr Übriges, damit ich mich auf Anhieb wohlfühle.
Das rote Haus mit den blauen Fenstern ist noch viel schöner, als ich es mir ausgemalt hatte.
Der Mann dazu auch. Ich war ankommen. Endlich! Vorerst.
Tali (ein Kapitel für sich), eine seiner engsten Freundinnen (heute auch meine), bringt kurz
vor meinem Besuch den Single-Haushalt mit Putzlappen und Deko-Material auf Vordermann.
Ja, das müsse sein, sagt sie zu Gal. Der erste Eindruck zählt! Sie kommt ja schließlich aus Europa, die haben Stil, weißt du?
Bedrucktes Toilettenpapier ziert das stille Örtchen, Feuchttücher liegen griffbereit, neben dem frisch überzogenen Doppelbett und das ganze 70qm Haus riecht verdächtig nach Lavendel. Mit diesem Anblick habe ich nun wirklich nicht gerechnet!
Es erwischt mich eiskalt. Ich versuche mein entsetztes Gesicht in den Griff zu bekommen und
schenke Gal mein schönstes gezwungenes Lächeln.
Diese feminine Seite ist mir neu an ihm.
Und ihm ist mein eingefrorenes Gesicht neu, das sehe ich sofort.
Ich fühle mich, als hätte ich in die Puderrosa Ranch eingecheckt. Jetzt fehlen nur noch ein sprudelnder Prosecco und ein Pony, das in den Garten kotzt. Meine Gedanken überschlagen sich.
Was war bloß aus dem lonely Wüstenwolf mit dem überraschend grünen Daumen geworden?
Gal sieht in mein entsetztes Gesicht und weiß es sofort richtig zu deuten. So viel Frauenversteher ist er dann also doch.
Rasch greift er nach den Bumsi-Feuchttüchern und verbannt sie des Hauses. Energisch erzählte er mir von Tali und ihrem überschwänglichen Dekodrang, den sie regelmäßig in fremden Häusern auslebt.
Na, die wird was zu hören bekommen, sagt er mit Nachdruck, während er mich in seine muskulösen Arme schließt.
Nun, da sich dieser Ausrutscher „Halleluja“ (übrigens ein hebräisches Wort) aufklärte, Gals ruinierter Ruf wieder zur Gänze hergestellt war und meine Schnappatmung einer normalen Sauerstoffzufuhr wich, konnten wir uns endlich auf das Wesentliche konzentrieren...
Zwei Monte später änderte ich meine Adresse und ich zog, na ja, ihr wisst schon „Herüber“...
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